26. April 2025
26. April 2025
17:25

GESCHICHTE

DIE FLNC

Die korsische „Fronte di Liberazione Naziunale di a Corsica“ (FLNC) hat über Jahrzehnte hinweg die Schlagzeilen bestimmt, wenn es um die Unabhängigkeitsbewegung auf der Mittelmeerinsel Korsika ging. Unter Einheimischen und Außenstehenden ist der Name gleichermaßen bekannt und umstritten: Die einen betrachten sie als Befreiungsbewegung, die anderen stufen sie als terroristische Organisation ein. In diesem Blog-Artikel werfen wir einen Blick auf die Herkunft, Entstehung, Absichten sowie die wichtigsten Schlagzeilen der FLNC und beleuchten die heutige Situation.

Herkunft und Entstehung der FLNC

Die korsische Frage – genauer gesagt, die Debatte um Autonomie oder Unabhängigkeit von Frankreich – hat Historie: Korsika ist seit dem 18. Jahrhundert Teil Frankreichs, doch gab es immer wieder lokale Stimmen, die eine eigenständige, kulturell und politisch selbstbestimmte Entwicklung forderten. Vor allem die lebendige Tradition, das Korsische als eigene Sprache und eine spezifische Mentalität in der Bevölkerung führten zu einer wachsenden Identifikation mit dem „korsischen Volk“.
In den 1960er- und 1970er-Jahren gewann die korsische Autonomiebewegung an Dynamik. Mehrere Gruppen setzten sich für die Rechte der Einheimischen ein und stemmten sich gegen finanzstarke Investoren, die z. B. den Bau großer Tourismusanlagen forcierten. Daraus formierte sich im Jahr 1976 die FLNC: ein Zusammenschluss mehrerer Untergrundbewegungen, darunter die Front Régionaliste Corse und die Action pour la Renaissance de la Corse.

FLNCAbsicht und Ideologie

Das Hauptziel der FLNC war – und ist teilweise bis heute – die größtmögliche Unabhängigkeit Korsikas von Frankreich. Dabei reicht die Palette von kompletter staatlicher Souveränität bis zu weitreichender Autonomie. Ein zentrales Anliegen der Gruppe war stets die Wahrung und Förderung der korsischen Sprache und Kultur. Zudem spielte die Kritik an einer als ungerecht empfundenen französischen Land- und Wirtschaftspolitik eine bedeutende Rolle.
Im Kern definierte sich die FLNC viele Jahre lang als militante Bewegung. Bombenanschläge auf Regierungsgebäude oder Ferienanlagen sowie gezielte Drohungen gehörten zu ihrem Mittel, einerseits auf Missstände aufmerksam zu machen und andererseits, um politische Ziele durchzusetzen.

Schlagzeilen und öffentliche Wahrnehmung

Die FLNC sorgte in den 1980er- und 1990er-Jahren für starke Schlagzeilen, da sie mehrfach Anschläge verübte, die zwar nur selten Todesopfer forderten, jedoch erheblichen Sachschaden anrichteten und Angst schürten. Zu den bekanntesten Aktionen zählen Sprengstoffanschläge auf Einrichtungen des französischen Staates auf Korsika, aber auch Bomben in Tourismuszentren oder auf dem französischen Festland.
Auf politischer Ebene folgten immer wieder Verhandlungen, die jedoch häufig ergebnislos blieben. Die französische Regierung ging ihrerseits hart gegen vermutete FLNC-Mitglieder vor; Verhaftungen und Gerichtsverfahren waren – und sind teils immer noch – regelmäßig Gegenstand der Berichterstattung.
Ende der 1990er- und Anfang der 2000er-Jahre wandelte sich die korsische Szene: Verschiedene Flügel der FLNC lieferten sich interne Auseinandersetzungen. Diese Spaltungen führten zu rivalisierenden Gruppen, die sich mitunter gegenseitig bekämpften.

Die Gegenwart – neue Dynamiken, alte Ziele

Ein markantes Ereignis war die 2014 angekündigte Waffenruhe der FLNC. Diese wurde von einer Fraktion ausgerufen und galt als Zeichen, den bewaffneten Kampf ruhen zu lassen und künftig verstärkt auf politische Lösungen zu setzen. Solche Signale wurden von vielen Korsen gleichermaßen begrüßt, denn der Wunsch, die jahrzehntelange Gewalt zu beenden, ist groß.
Dennoch bleibt die Lage komplex: Verschiedene Gruppen, die sich aus der einstigen FLNC heraus entwickelt haben, bewahren eigene Strukturen und Ziele. Konflikte unter den Flügeln und innerhalb der korsischen Gesellschaft sind nicht vollständig verschwunden, auch wenn Gewalt in den letzten Jahren deutlich abgenommen hat.
Parallel dazu existiert eine legale, politische Unabhängigkeitsbewegung, die nun stärker im Zentrum der Aufmerksamkeit steht. Mehrere Parteien und Initiativen setzen heute vor allem auf demokratische Mittel – von kommunaler Mitbestimmung bis hin zu Forderungen nach einer weitreichenden Autonomie und dem Ausbau korsischer Kultur- und Sprachrechte.

 

Die FLNC ist untrennbar mit der korsischen Bewegung für Identität und Eigenständigkeit verbunden. Von den teils radikalen Anfängen in den 1970er-Jahren über eine Phase intensiver Schlagzeilen in den 1980er- und 1990er-Jahren bis zum Waffenstillstand und der heutigen Zersplitterung hat sie die Politik und Gesellschaft Korsikas geprägt.
Obwohl die Rolle der militanten FLNC-strukturen geringer geworden ist, bleibt das Thema Autonomie aktuell: Korsika kämpft weiterhin um die Anerkennung seiner kulturellen Besonderheit und um politische Spielräume. Inzwischen zeigt sich eine Tendenz hin zu friedlichen Mitteln und zur Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen politischen Lagern, auch wenn alte Wunden noch nicht überall verheilt sind.

Die Geschichte der FLNC endet nicht abrupt – sie hat sich gewandelt und in den vergangenen Jahren an Bedeutung verloren. Die widerstreitenden Strömungen in der Autonomiebewegung werden jedoch auch in Zukunft für Zündstoff sorgen. Dennoch wünschen sich viele Korsen wie auch die Regierung Frankreichs eine friedliche Lösung, die der Insel ihre einzigartige Identität bewahrt, ohne dass dies in Gewalt mündet. Somit bleibt es spannend, wie sich die politische und kulturelle Landschaft Korsikas entwickeln wird.