Die Meerenge von Bonifacio, die sich zwischen dem südlichsten Zipfel Korsikas und der nördlichen Spitze Sardiniens spannt, ist nicht nur ein spektakulärer Anblick für Segler und Küstenwanderer, sondern auch ein Hotspot mediterraner Biodiversität. Mit ihrem glasklaren Wasser, den zerklüfteten Felseninseln und den wechselnden Strömungen erzählt sie eine Geschichte von Geologie, Meeresleben und grenzüberschreitendem Naturschutz.
Geografische Daten
Die Meerenge verläuft in Nordost–Südwest-Richtung und ist an ihrer engsten Stelle nur rund elf Kilometer breit (zwischen Capo Pertusato auf Korsika und Capo Testa auf Sardinien). Ihre Länge beträgt etwa 40 Kilometer, von der Piana-Halbinsel im Westen bis zum Maddalena-Archipel im Osten. Geografische Koordinaten in der Mitte liegen bei etwa 41°25′ N und 9°10′ O. Zahlreiche kleine Inseln und Felsbänke – allen voran die Lavezzi-Inseln – setzen der Meerenge ein pittoreskes Gesicht und prägen zugleich Schifffahrtsrouten.
Tiefe und Meeresboden
Die Wassertiefe variiert stark: In Ufernähe können es nur 10 bis 20 Meter sein, im zentralen Fahrwasser erreicht die Tiefe durchschnittlich 80 Meter, an einigen Stellen auch bis zu 120 Meter. Der Meeresboden ist größtenteils von Kalk- und Granitgestein geprägt, gelegentlich unterbrochen von Sand- und Posidonia-Seegrasfeldern. Steilabfallende Felswände, Unterwasserhöhlen und Felsspalten bieten zahlreichen Arten ideale Rückzugsräume.
Tierwelt
Die Meerenge von Bonifacio gilt als wichtiges Quell- und Engpassgebiet für viele Meeresspezies.• Fische: Mittelmeer-Großfische wie der Zackenbarsch (Epinephelus marginatus), Meerbrassen und Sardellen nutzen die schmalen Passagen auf ihren Wanderrouten. Blauflossen-Thunfische und manchmal sogar Schwertfische ziehen vorbei.
• Meeressäuger: Vor allem Pilotwale und gelegentlich Grindwale durchqueren die Meerenge, auf der Suche nach Beute. Delfine (Großer Tümmler und Gewöhnlicher Delfin) sind regelmäßig zu beobachten.
• Meeresschildkröten: Die Unechte Karettschildkröte (Caretta caretta) ernährt sich hier von Quallen und Weichtieren.
• Benthos und Wirbellose: Prächtige Gorgonien und gälische Schwämme (Axinella spp.) besiedeln die Felswände, Seesterne und Seegurken kriechen über den sandigen Grund.
• Vögel: Auf den unbewohnten Felseninseln brüten Möwen, Tölpel und mediterrane Sturmtaucher, die das reiche Fischangebot nutzen.
Schutz und Umweltmanagement
Um die ökologisch wertvolle Meerenge zu bewahren, haben Frankreich und Italien 2003 das „Parc Naturel Marin International du détroit de Bonifacio“ (Parks marina internazionale dello Stretto di Bonifacio) gegründet. Die wichtigsten Maßnahmen:
• Beschränkungen für den Schiffsverkehr in sensiblen Zonen, um Kollisionen mit Meeressäugern zu minimieren.
• Verbote des Grundschleppnetzes und Regulierungen bei der Sportfischerei, um Bodenlebewesen und Jungfische zu schonen.
• Geschützte Ankerzonen: Boote dürfen nur an ausgewiesenen Mooring-Bojen festmachen, um das Posidonia-Seegras zu erhalten.
• Überwachung von Wasserqualität und invasive Arten: Regelmäßige Kontrollen verhindern das Einschleppen fremder Organismen, die heimische Ökosysteme gefährden könnten.
• Umweltbildung und sanfter Tourismus: Besucherzentren auf Korsika und Sardinien informieren über die Bedeutung der Meerenge, geführte Schnorchel- und Tauchgänge stärken das Bewusstsein für die Unterwasserwelt.
Die Meerenge zwischen Korsika und Sardinien ist weit mehr als ein schmaler Abschnitt im Mittelmeer. Sie bildet einen natürlichen Korridor für Wanderwanderungen unter Wasser, ist Heimat zahlreicher bedrohten Arten und ein Symbol für grenzüberschreitende Kooperation im Naturschutz. Wer hier eintaucht, erlebt eine faszinierende Küstenlandschaft zwischen Fels und Blau – und versteht, wie fragil und wertvoll dieses maritime Kleinod ist.