Napoléon Bonaparte: Vom korsischen Jungen zum Kaiser – eine kurze Biografie.
Napoléon Bonaparte wurde am 15. August 1769 in Ajaccio auf der Insel Korsika geboren [1]. Korsika war erst wenige Monate zuvor von Frankreich erworben worden. Napoléons Familie gehörte zum kleinen Landadel, hatte aber wenig Geld. Sein Vater Carlo und seine Mutter Letizia gaben ihrem zweiten Sohn eine strenge, aber liebevolle Erziehung. Zu Hause wurde Italienisch gesprochen; Französisch lernte Napoléon erst in der Schule [2].
Mit neun Jahren kam er auf ein Militärinternat im französischen Festland, zuerst in Brienne, später in Paris. Er war gut in Mathematik und Geographie, zwei Fächer, die für Artillerie-Offiziere wichtig sind [3]. 1785, noch keine 16 Jahre alt, schloss Napoléon die École Militaire ab und wurde Leutnant der Artillerie. Damit begann seine Armee-Laufbahn.
1789 brach die Französische Revolution aus. Viele Offiziere aus Adelsfamilien flohen. Napoléon, ein ehrgeiziger junger Mann ohne mächtige Freunde, sah seine Chance aufzusteigen [1]. 1793 befehligte er die Artillerie beim Angriff auf Toulon, wo Royalisten und britische Truppen festsaßen. Die Stadt fiel, und der 24-Jährige wurde zum Brigadegeneral befördert [4].
1796 erhielt Napoléon das Kommando über die Italien-Armee. In nur einem Jahr schlug er mehrere größere österreichische Heere. Er eroberte Norditalien und schloss den Frieden von Campo Formio [3]. Diese Siege machten ihn in Frankreich zum Volkshelden. 1798 zog er nach Ägypten, um Großbritanniens Handelswege zu stören. Die Landkämpfe wurden gewonnen, doch Admiral Nelson zerstörte die französische Flotte in der Schlacht bei Abukir. Ohne Nachschub saß Napoléon fest, kehrte aber heim, sobald er von der politischen Krise in Paris hörte [2].
Am 9. November 1799 (18. Brumaire nach Revolutionskalender) stürzte Napoléon mit Verbündeten das Direktorium und rief ein Konsulat aus. Er wurde Erster Konsul, praktisch Alleinherrscher [5]. 1804 krönte er sich in der Pariser Kathedrale Notre-Dame selbst zum Kaiser der Franzosen. Papst Pius VII. war anwesend, aber Napoléon setzte die Krone eigenhändig auf sein Haupt – ein starkes Signal, dass seine Macht nicht von der Kirche stammte [1].
Innenpolitisch führte Napoléon wichtige Reformen durch. Er schuf den Code civil, auch Code Napoléon genannt, ein einheitliches Gesetzbuch, das bis heute in vielen Ländern wirkt [2]. Er richtete staatliche Schulen (Lyzeen) ein und gründete die Banque de France, um die Wirtschaft zu stabilisieren.
Seine militärische Macht zeigte Napoléon in den „großen Kriegen“ von 1805 bis 1809. Er schlug Österreich und Russland bei Austerlitz (1805), Preußen bei Jena und Auerstedt (1806) und wieder Österreich bei Wagram (1809) [3]. Fast ganz Kontinentaleuropa stand zeitweise unter französischer Kontrolle. Um Großbritannien wirtschaftlich zu schwächen, erließ Napoléon die Kontinentalsperre, ein Handelsverbot mit den Briten [4].
Doch die Erfolge hielten nicht an. In Spanien brach 1808 ein jahrelanger Guerilla-Krieg aus. 1812 marschierte Napoléon mit über 600 000 Soldaten nach Russland. Die Russen wichen zurück und verbrannten Vorräte. Nach der Schlacht von Borodino erreichte die Grande Armée zwar Moskau, musste die zerstörte Stadt aber bald verlassen. Kälte, Hunger und Angriffe dezimierten das Heer. Nur ein Bruchteil kehrte heim [1].
Die Niederlage ermutigte Preußen, Österreich und Russland zu einer neuen Koalition. 1813 verlor Napoléon die Völkerschlacht bei Leipzig. Im April 1814 nahm ihm Paris die Gefolgschaft; er dankte ab und wurde auf die Mittelmeerinsel Elba verbannt [5]. Dort blieb er weniger als ein Jahr. Am 1. März 1815 landete er mit wenigen hundert Männern an der französischen Küste. Soldaten, die ihn festnehmen sollten, liefen zu ihm über. Diese „Herrschaft der Hundert Tage“ endete am 18. Juni 1815 mit seiner entscheidenden Niederlage bei Waterloo gegen britisch-preußische Truppen [3].
Napoléon gab sich erneut geschlagen und wurde diesmal auf die entlegene Atlantikinsel St. Helena geschickt. Das Klima war rau, die Freiheit stark eingeschränkt. Er diktierte dort seine Erinnerungen, in denen er sich als moderner Reformer darstellte [2]. Am 5. Mai 1821 starb er, wahrscheinlich an Magenkrebs. 1840 überführte man seine Gebeine nach Paris, wo sie heute im Invalidendom ruhen [5].
Napoléon Bonaparte blieb in der Geschichte als genialer Feldherr, kühner Staatsmann und umstrittene Figur. Er zerstörte alte Monarchien, schuf aber auch eine eigene. Er brachte Krieg nach Europa, hinterließ doch mit dem Code civil bleibende Reformen. Seine Lebensgeschichte zeigt, wie Ehrgeiz, Talent und historische Umstände einen Menschen vom unbekannten Kadetten zum Kaiser machen können – und wie schnell Macht wieder zerbrechen kann.
Quellen
[1] Roberts, Andrew: „Napoleon the Great“. Penguin Books, 2014.
[2] Englund, Steven: „Napoleon – A Political Life“. Vintage, 2005.
[3] Chandler, David G.: „The Campaigns of Napoleon“. Scribner, 1966.
[4] Broers, Michael: „Napoleon: Soldier of Destiny 1769-1805“. Faber & Faber, 2014.
[5] Encyclopædia Britannica, „Napoleon I“, zuletzt aktualisiert 2023